Presseinformationen Amt für Ländliche Entwicklung Niederbayern
Vortrag zum Thema Demenz bei der ILE Bayerwald

(22. April 2022) Landau a.d.Isar – Demenz, diesen Begriff hat vermutlich jeder schon einmal gehört. Doch was steckt eigentlich dahinter? Was macht die Krankheit mit den Betroffenen? Und wie sollen Angehörige damit umgehen? Mit Fragen wie diesen setzte sich Tanja Petzi, Mitarbeiterin der Malteser in der Diözese Passau und Dozentin für Gerontopsychiatrie und Pflege, bei einem Vortrag des Netzwerkes der Senioren- und Behindertenbeauftragten der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) Bayerwald (Landkreise Regen, Freyung-Grafenau, Straubing-Bogen, Deggendorf und Passau) im Landratsamt Deggendorf auseinander. Organisiert wurde die Veranstaltung von Maria Krenn, der Betreuerin der ILE Bayerwald am Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern.

In Deutschland sind aktuell 1,7 Millionen Menschen registriert, die an Demenz erkrankt sind. Für das Jahr 2040, also in nicht einmal 20 Jahren, soll sich diese Zahl nach derzeitigen Prognosen verdoppeln – die Dunkelziffer noch nicht mit eingerechnet. Wie Tanja Petzi erläuterte, ist Demenz der Oberbegriff für rund 50 Erkrankungsbilder, am bekanntesten ist die Altersdemenz/Alzheimer. Bei Demenz werden das Gedächtnis schrittweise gestört und Nervenzellen irreparabel zerstört. Damit einher gehen immer mehr Einschränkungen beim Orientieren, Denken und Erinnern, was einen eigenständigen Alltag zunehmend erschwert.

Schon 30 Jahre vor der ersten Symptomatik beginnen die Veränderungen im Gehirn. Die Symptome machen sich laut Petzi schrittweise bemerkbar, für eine Diagnose müssen sie mindestens sechs Monate anhalten. Die Phasen zwischen dem frühen und späten Stadium dauern bei Erkrankten unterschiedlich lang – doch die Verschlechterung schreitet stetig voran, bereits kaputte Nervenzellen können sich nicht von selbst regenerieren: „Die Krankheit lässt sich nicht aufhalten“, verdeutlichte die Expertin.

Eine dementiell erkrankte Person verliert immer mehr an Gehirnleistung. Das betrifft auch alltägliche Abläufe. Zum Beispiel wissen Betroffene nicht mehr, dass die Zahnbürste ins Bad und die Butter in den Kühlschrank gehört. Es kann auch passieren, dass sich die Person im Spiegel nicht mehr erkennt und die eigene Identität zunehmend verliert. Nicht selten finden sich Erkrankte in der Prägungsphase im Alter zwischen 25 und 30 Jahren wieder. Das hat zur Folge, dass sich ältere, verheiratete Mütter und Väter wieder wie 25-jährige Singles ohne Kinder fühlen, denen das ganze Leben noch bevorsteht. Aber mindestens genauso oft erlebt man diese Personen auch traurig, rastlos, hilflos, zurückgezogen und depressiv. Denn durch die Erkrankung schaffen es die Betroffenen nicht mehr, Ängste, Traumata und negative Emotionen zu verdrängen. Dieses Verdrängen, wie wir es tagtäglich praktizieren, verlange unserem Gehirn eine große Leistung ab, erläuterte Tanja Petzi.

Nicht zuletzt, weil sich der Pflegenotstand immer weiter verschärft, fühlen sich viele Angehörige verpflichtet, ihre an Demenz erkrankten Eltern, Großeltern und anderen Verwandten zu Hause zu pflegen. Bezugsperson ist meist die Tochter oder Enkelin. Für ungeschulte Angehörige, die auch emotional betroffen sind, stellt dies eine sehr herausfordernde Aufgabe dar. Deshalb rät Tanja Petzi, Entlastungsmöglichkeiten unbedingt anzunehmen und auch andere Angehörige miteinzubeziehen. Im späten Stadium sei es zudem meist unumgänglich, einen Pflegedienst mit ins Boot zu holen. Anlaufstellen für pflegende Angehörige sind zum Beispiel die Institutionsambulanz des Bezirkes in Passau oder Mainkofen, Pflegekassen, Fachstellen für pflegende Angehörige, Betreuungsstellen in den Landratsämtern, Gesprächskreise des BRK, der Caritas oder anderweitige Selbsthilfegruppen, aber auch Pflegedienst, Tagespflege, Verhinderungspflege, betreutes Reisen oder 24-Stunden-Pflege.

Im Umgang mit an Demenz erkrankten Personen rät Tanja Petzi dazu, keine Diskussionen mit den Betroffenen zu beginnen: „Aufgrund der Erkrankung haben sie immer Recht.“ Auch die Frage „Warum“ sollte man aus seinem Wortschatz streichen, da die erkrankte Person meist keine Antwort darauf weiß. Generell sollten Fragen einfach formuliert werden, geplante Aktivitäten nicht länger als 15 Minuten dauern und in den Gesprächen mehr Lob als Kritik fallen. Wichtig ist außerdem, das Gegenüber mit seinen Ängsten ernst zu nehmen und Geduld aufzubringen.

Das Fazit der Referentin lautete, dass das Thema Demenz mit seiner Brisanz noch zu wenig in der Gesellschaft angekommen ist. Ihr Wunsch sei, dass pflegende Angehörige mehr Unterstützung, Begleitung und Wertschätzung für die geleistete Arbeit erfahren. Jeder pflegende Angehörige sollte ihrer Ansicht nach im Umkreis von 25 bis 30 Kilometern Hilfe finden können, zumindest in Form einer Selbsthilfegruppe: „Das spendet Kraft und zeigt auf, dass man nicht allein ist.“

Dreizehn Personen, davon zwölf Damen und ein Herr stehen auf einer Treppe im Landratsamt Deggendorf.

Amt für Ländliche Entwicklung Niederbayern

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Foto: LRA Deggendorf

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